Gemeindeversammlung vom 21. November 2024
Baugebührenreglement
Genehmigung des revidierten Baugebührenreglements
Ausgangslage
Das aktuell gültige Baugebührenreglement wurde von der Einwohnergemeindeversammlung am 14. Juni 2012 genehmigt. Im Rahmen der Totalrevision der Bau- und Nutzungsordnung im Jahr 2019 hat der Gemeinderat auf eine Revision verzichtet, da sich das Reglement bewährt hat und in der Umsetzung keine Probleme vorhanden waren. Die Rechtsprechung in den vergangenen fünf Jahren veranlasst den Gemeinderat das Reglement anzupassen, um allfälligen Beschwerden gegen Gebühren-Verfügungen entgegenzuwirken.
Handlungsbedarf
Die Aufgaben der kommunalen Bauverwaltung werden nicht durch eine Abteilung der Gemeindeverwaltung erfüllt, sondern sind seit mehreren Jahren an die externe Dienstleisterin «Bauverwaltung Region Kulm GmbH» ausgegliedert. Diese Zusammenarbeit hat sich bestens bewährt, ist von der Bevölkerung akzeptiert und soll auch in Zukunft weitergeführt werden. Die Bauverwaltung Region Kulm GmbH (als Auftragnehmerin) erfasst die geleisteten Aufwendungen pro Baugesuch und stellt diese der Gemeinde Unterkulm (als Auftraggeberin) in Rechnung. Gestützt auf das heutige Baugebührenreglement werden die effektiv entstandenen Kosten an die Bauherrschaft übertragen (Aufwandverrechnung). Der Aufwand der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderates wird zusätzlich mit einer Bearbeitungsgebühr (Promille-Satz abhängig von der Bausumme) entschädigt. Mit der bisherigen Kostenverrechnung wurde sichergestellt, dass die Aufwendungen vollumfänglich dem Verursacher in Rechnung gestellt und nicht durch Steuergelder querfinanziert werden.
Zwischenzeitlich liegen verschiedene Entscheide von Gerichts- und Verwaltungsbehörden vor, die verlangen, dass die Bauherrschaft bereits im Zeitpunkt der Eingabe eines baurechtlichen Sachverhaltes (Anfrage, Vorentscheid, Baugesuch etc.) Kenntnis haben muss, welche Kosten für die ordentliche Bearbeitung voraussichtlich entstehen. Zudem sind die Gemeinden bei der Bemessung der Gebühren angewiesen, das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip zu beachten. Nach dem Kostendeckungsprinzip soll der Ertrag der Gebühren die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht oder nur geringfügig übersteigen, was eine gewisse Schematisierung oder Pauschalisierung der Abgabe nicht ausschliesst. Das Äquivalenzprinzip stellt die gebührenrechtliche Ausgestaltung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes dar. Es bestimmt, dass eine Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen halten muss. Der Wert der Leistung bemisst sich nach dem Nutzen, den sie den Pflichtigen bringt, oder nach dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme im Verhältnis zum gesamten Aufwand des betreffenden Verwaltungszweigs, wobei schematische, auf Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrungen beruhende Massstäbe angelegt werden dürfen. Es ist nicht notwendig, dass die Gebühren in jedem Fall genau dem Verwaltungsaufwand entsprechen, sie sollen indessen nach sachlich vertretbaren Kriterien bemessen sein und nicht Unterscheidungen treffen, für die keine vernünftigen Gründe ersichtlich sind.
Das heutige Reglement berücksichtigt die aus der Rechtsprechung ergangenen qualifizierten Vorgaben nur teilweise. Insbesondere ist für Bauherrschaften heute nicht im Voraus erkennbar, welche Gebühren durch die Behandlung fällig werden.
Neues Reglement
Mit dem neuen Gebührentarif lassen sich die ordentlichen Gebühren für Leistungen der Baubehörde im Voraus klar berechnen und sind mit einer Unter- und Obergrenze fixiert. Anstelle der bisherigen Zweiteiligkeit (Bearbeitungsgebühr und Aufwandverrechnung) wird neu nur noch eine Behandlungsgebühr verrechnet, welche den ordentlichen Aufwand deckt. § 3 des neuen Reglements sieht folgende Gebührenberechnung vor:
- Die Behandlungsgebühr orientiert sich an der Bausumme.
- Auskünfte, Beratungen und Anfragen, die mehr als 30 Minuten in Anspruch nehmen: Verrechnung nach einem vorgegebenen Kostensatz.
- Vorentscheide: Analog Baubewilligungen, ohne Anrechnung bei Erteilung der Baubewilligung.
- Baubewilligungen: 4 ‰ / 2 ‰ (je nach Bausumme), mindestens Fr. 500.00.Abgelehnte Baugesuche: 4 ‰ der Bausumme, mindestens Fr. 500.00.
- Projektänderungen: 2 ‰ / 4 ‰ der Bausumme (je nach Bauumfang), mindestens Fr. 500.00.
- Rückzug des Baugesuchs: Reduktion der ordentlichen Baubewilligungsgebühr entsprechend dem Verfahrensstand, mindestens Fr. 500.00.
- Zweckänderungen, Abbrüche etc. ohne Bausumme: nach Aufwand nach vorgegebenem Kostenansatz, mindestens Fr. 500.00 bis max. Fr. 6’000.00.
- Die Gebühren dürfen den Gesamtbetrag von Fr. 60’000.00 nicht übersteigen.
Die minimale pauschale Baubewilligungsgebühr wird von Fr. 150 neu auf Fr. 500 festgelegt. Die beiden Gebühren sind jedoch zwischen altem und neuem Reglement nicht mehr vergleichbar. Die neue Gebühr umfasst sämtliche Kosten der Gemeindeverwaltung und der externen Bauverwaltung, wie auch die ordentlichen Publikationskosten (bisher pauschal Fr. 150). Die Praxis bestätigt zudem, dass kleine Baugesuche verhältnismässig mehr Aufwand verursachen als grössere, insbesondere weil letztere in der Regel professionell vorbereitet werden. Mit der maximalen Begrenzung der Gebühren auf CHF 60’000.00 in § 3 Abs. 2 wird bei grossen Bauvorhaben dem Äquivalenzprinzip Rechnung getragen. Es ist zulässig, dass grössere Bauvorhaben kleine Bauvorhaben subventionieren.
Entstehen infolge Einreichung mangelhafter Baugesuche oder Planänderungen Mehrarbeiten oder sind durch Nichtbefolgen der Bau- und Nutzungsordnung oder erteilter Baubewilligungen ausserordentliche Aufwendungen, Besichtigungen, Kontrollen usw. notwendig, so werden diese Kosten der Bauherrschaft zusätzlich nach Aufwand auf der Basis des festgelegten Stundenansatzes von Fr. 135.00 in Rechnung gestellt. Im Baugebührenreglement werden diese in § 6 als «Besonderer Aufwand und Mehraufwand» bezeichnet.
Spezielle Kosten externer Fachleute und Gutachter gelten als Auslagen und werden gemäss § 8 des Reglements zusätzlich erhoben. Die Weiterverrechnung des effektiv entstandenen Aufwandes entspricht der heutigen Regelung.
Neu sieht das Reglement für die Benützung des öffentlichen Grundes (Strassen, Wege, Trottoirs, Plätze usw.), das Aufstellen von Gerüsten, Deponien, Mulden, Baracken etc. eine Gebühr von Fr. 5 pro Quadratmeter und Monat vor. Zusätzlich wird eine einmalige Bearbeitungsgebühr von Fr. 80 erhoben. Für Grabenaufbrüche wird eine Pauschale von Fr. 150 in Rechnung gestellt.
Finanzielle Auswirkungen
Eine Berechnung der Auswirkungen zwischen der alten und der neuen Gebührenstruktur ist aufgrund der neuen Berechnungsmethoden nicht möglich. Die Promille-Ansätze im bisherigen Gebührenreglement sind wesentlich tiefer, haben jedoch nur den Aufwand der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderates abgedeckt. Ergänzend wurde der effektive Aufwand der externen Bauverwaltung verrechnet. Dabei wurde nicht differenziert, ob es sich um einen ordentlichen Aufwand oder um einen Mehraufwand handelt. Neu wird der gesamte ordentliche Aufwand (sowohl der Gemeindeverwaltung/Gemeinderat wie auch der externen Bauverwaltung) über die Promille-Ansätze verrechnet. Damit eine grösstmögliche Kostendeckung vorhanden ist, mussten die Grundgebühr und die Promille-Ansätze angehoben werden. Weiterhin nach effektivem Aufwand, jedoch zu einem festgelegten Stundenansatz, wird Mehraufwand verrechnet. Insgesamt geht der Gemeinderat davon aus, dass die Gebühren für kleinere Bauvorhaben inskünftig tiefer ausfallen, jedoch in der Summe mit den Gebühren von grossen Bauvorhaben mehrheitlich kompensiert werden können. Eine vollständige Kostendeckung, wie sie heute der Fall ist, wird mit dem neuen Baugebührenreglement nicht mehr möglich sein.
Umsetzung
Dieses Gebührenreglement soll nach Rechtskraft des Gemeindeversammlungsbeschlusses und der Festlegung des Zeitpunktes durch den Gemeinderat in Kraft treten. Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gebührenreglements hängigen Gesuche und Anfragen werden nach den Vorschriften dieses Reglements beurteilt.
Stellungnahme Preisüberwacher
Die Stellungnahme des Preisüberwachers wurde eingeholt. Dieser stellt zusammenfassend fest, dass die Gebühren bei Einfamilienhäusern tiefer und bei Mehrfamilienhäusern höher als der Vergleichsdurchschnitt liegen. Entgegen den Empfehlungen des Preisüberwachers sieht der Gemeinderat von einer weiteren Senkung der Baugebühren ab. Der neue Gebührentarif verursacht bereits Mindereinnahmen, insbesondere bei kleinen und mittelgrossen Baugesuchen. Diese Mindereinnahmen sind im Budget 2025 berücksichtigt. Weiter hat der Preisüberwacher den Stundenansatz für ausserordentliche Aufwände von Fr. 135 als «eher hoch» bezeichnet. Der Regierungsrat hat im Jahr 2016 einen Stundenansatz von Fr. 110 als angemessen erachtet. Unter Berücksichtigung der Teuerung und der allgemeinen Lohnentwicklungen der letzten Jahre erachtet der Gemeinderat den gewählten Ansatz als gerechtfertigt. Als dritter Punkt wird empfohlen, die administrative Gebühr für Kontrollen nach LRV für Öl- und Gasheizungen mit einer Leistung von weniger als 1 MW anstelle von Fr. 43 auf Fr. 20 zu reduzieren. Die Gebühr basiert jedoch auf einer für den gesamten Kanton gültigen Vereinbarung zwischen den amtlichen Feuerungskontrolleuren und den Gemeinden. Der Gemeinderat hält an dieser einheitlichen Gebühr fest.
Antrag
Genehmigung des Gebührenreglements in Bausachen.